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on den Schafen leben die östlichen Nordener - sie bekommen von ihnen Wolle, Fleisch, Leder, Horn und Knochen, ihr Kot dient ihnen als Brennmaterial, aus ihrer Milch stellen sie Käse, Butter und andere Milchprodukte her, und die mit Kräutern versetzte Milch selbst ist erhitzt vor allem im Winter ein stärkendes und wärmendes Getränk. Der große Stolz dieser Hirten wie auch der Jäger im Westen sind aber ihre Pferde. Die kleinen, struppigen Tiere werden nicht auf Schönheit, meist auch nicht auf besondere Schnelligkeit, sondern auf Ausdauer und Zähigkeit gezüchtet. Langstreckenrennen sind darum an Feiertagen, an denen sich mehrere Familien treffen, ein beliebter Sport.
Die Frau gilt auch in ihrer Gesellschaft weniger als der Mann - trotzdem hat sie hier einen wesentlich besseren Stand als in Trutznoila. Es ist überlebenswichtig, dass auch die Nordener-Frau mitarbeitet und sogar in Abwesenheit des Mannes eigene Entscheidungen trifft.
Aus ihrer Rolle ausbrechen darf aber auch hier keine Frau, sonst wird sie geächtet und im schlimmsten Fall in harten Zeiten auf sich selbst gestellt in die Tundra vertrieben, wo sie in der Regel nicht lange überleben kann. Allein ist man im Winter in der Weite der auch im Osten noch von harter Witterung heimgesuchten Hochebenen verloren.
Deshalb sollte man als Trutznoilaner oder Fremder vermeiden, die Wolfsplatte zu bereisen, denn die Gelbmäntel sind ein stolzes Volk, dem Unabhängkeit über alles geht und das deshalb einen unbändigen Hass auf jeden hegt, der seine rechtmäßige Herrschaft über sie auszuüben versucht. Diese überhebliche Art der Nomaden hat auch zu dem Guerilla-Krieg geführt, der derzeit zwischen ihnen und dem König in Trutz tobt, den aber zweifelsohne unser gut geführtes Heer gewinnen wird, denn letztendlich sind die Gelbmäntel eben doch nichts als einfache Hirten auf struppigen, hässlichen kleinen Pferden.
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Als direkt neben deinem Ohr plötzlich lautes Gelächter ertönt, erschrickst du so sehr, dass dir beinahe das Buch aus der Hand gefallen wäre.
Du drehst dich rasch um und siehst dich einem hochgewachsenen Mann gegenüber, gekleidet in eine ockergelbe Wolltunika, die ihm bis zu den Knien reicht und in der Hüfte mit einem knallig bunt bestickten Gürtel zusammengehalten wird, und hohe Stulpenstiefel. Seine langen, braunen Haare sind im Nacken zu fünf Zöpfen geflochten, und in seinem linken Ohr baumelt ein Gehänge aus Federn, Lederbändern, kleinen Schnitzereien und silbernen Tropfen.
"Ziemlich veraltet, was du da liest", erklärt er, immer noch breit grinsend, "die Schafnordener haben nämlich durchaus gewonnen. Naja, wie man's nimmt - jedenfalls musste der König viele Zugeständnisse machen, weil ihm langsam die Kriegerschaft auf die Pelle rückte. Hatten irgendwann keine Lust mehr, sich aus dem Hinterhalt abknallen zu lassen für nichts und wieder nichts. Das ist jetzt schon siebzehn Jahre her..."
Ein rascher Blick sagt dir, dass du dich immer noch an der selben Stelle befindest. Ein Glück, dann ist das da wohl ein freundlicher Windlandener. Hoffentlich ist diese Information nicht auch veraltet.
"Bist du eigentlich stumm oder so? - Na, nichts für ungut. Ich klettere jetzt auf mein hässliches, kleines Pferd" - er klopft dem ramsnasigen Pony neben ihm den Hals - "und reite heim. Dir scheint ja nichts zu fehlen, oder?"
Du schüttelst den Kopf, froh, dass er nicht ärgerlich wurde über das, was er da über deine Schulter gelesen hat. Er springt mit einem Satz auf den nur aus einem Stück Leder über einer Decke aus Filz bestehenden Sattel des kleinen Falben, wendet ihn und galoppiert davon.
Erleichtert atmest du aus. Langsam hast du genug von Natur, Gefahr und wilden Völkern. Ob es hier auch mal etwas Kultur gibt?
Vorsichtig blätterst du zum nächsten Kapitel weiter.
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