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Hochadel/ "Fürsten" (Nonesh-Wejena = sehr Hohe):
Über den Wejena stehen die Nonesh-Wejena. Sie regieren jeweils einen ganzen Stollen bzw. sind beim Nasar-Donjash als "Minister" (Arinena = Ordner) tätig. Aus ihren Reihen wird der Nasar-Donjash gewählt.
An ihren Namen hängt immer die Bezeichnung, Bsp.: Jarchin w'Heshaw Belar-dowur Nonesh-Wejen. Für sie gilt natürlich die Rangordnung der Stollen in anderer Weise - der Nonesh-Wejen des 10. Stollens steht immer noch höher als ein Wejen aus Jeshad, aber er steht vom Ansehen her unter dem Nonesh-Wejen des 3. Stollens.
Offiziell sind alle Nonesh-Wejen-Familien jedoch gleichgestellt. Es gibt 20 von ihnen in Belar und noch einmal 8 in Tjanad. Das älteste Kind erbt immer den Titel, dabei ist egal, ob es sich dabei um einen Sohn oder eine Tochter handelt.
Die 20 Belarer Sippen sind: die Heshawa, die Danhida, die Gjema, die Nalioa, die Wataja, die Haluma, die Tachasha, die Obesa, die Lihaiona, die Abjuna, die Jerama, die Grashnaja, die Bewrina, die Abisacha, die Dwashana, die Hjela, die Dawaja, die Anruta, die Tilea und die Nadilwa.
In Tjanad sitzen die Nefelia, die Bundaja, die Rijemsha, die Juea, die Emwina, die Fjendha, die Wigecha und die Lowa.
Äußerlich unterscheiden sich Nonesh-Wejena von Rasdinena und Wejena durch den schmalen Silberreif, den sie bei offiziellen Anlässen tragen. Nur ihnen ist es erlaubt, überhaupt Kopfschmuck zu tragen, die niedrigeren Stände dürfen höchstens ihre Zöpfe mit einigen Perlen verschönern.
Herrscher (Nasar-Donjash = Berg-Familienoberhaupt)
Der neue Nasar-Donjash wird nach dem Tod des alten von sämtlichen nasdewínischen Wejena mehrheitlich gewählt. Er oder sie muss Nonesh-Wejen und über 35 Jahre alt sein, also die Mitte des Lebens schon überschritten und entsprechend Erfahrungen gesammelt haben.
Der Nasar-Donjash wird zwar gewählt, hat dann aber weitreichende Befugnisgewalt und kann nur bei Regierungsunfähigkeit von den Nonesh-Wejena abgesetzt werden. Er hat die Arinena um sich, die an sich selbstständig arbeiten, deren Entscheidungen er aber widerrufen kann. Ob er sie kontrolliert, liegt allein in seinem Ermessen. Von Herrschern, unter denen die Arinena völlig selbstherrlich wirken konnten, bis zu solchen, die alles überwachten und jede Entscheidung selber zu beeinflussen versuchten, hat es in der über 400jährigen Geschichte des Nasdewínreiches alles gegeben.
Die engste Familie des Gewählten zieht mit ihm nach Jeshad, alle behalten aber den Herkunftsnamen bei. Bei jeder Neuwahl werden die Stollen per Losverfahren neu unter den Nonesh-Wejena verteilt (innerhalb der Mine - Tjanadwura bleiben in Tjanad, Belarwura in Belar). Vorher werden für Belar die 10 Arinena-Sippen, für Tjanad die Tedánender-Familie (Statthalter) vom Nasar-Donjash selbst ausgewählt. Wer von den Mitgliedern dieser Sippen letztendlich das Berater- und Minister- bzw. das Statthalteramt ausübt, bestimmt die Familie selbst. Es muss sich dabei nicht um das Sippenoberhaupt handeln, sondern ist meist derjenige, der der Familie dabei am meisten Ehre macht, also der, der für den Fähigsten gehalten wird.
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Toldshars Stimme reißt dich aus deiner Lektüre. "Na also", sagt er zufrieden, "Es hat zwar erschreckend lange gedauert, aber ich habe es doch gefunden." Er wedelt dir mit einem kleinen, ziemlich mitgenommen aussehenden Heft im Oktavformat vor der Nase herum. "Sollte ich mal binden lassen, sonst ist es bald ganz im Tal."
Er schlägt es auf und liest dir vor:
"Somit ist die Schuld des Anhidaf Dun Tjanad-Wiralíswur eindeutig bezeugt. Als Rädelsführer der Aufrührer wird er zu zwanzig Jahren ausschließlicher Grubenarbeit verurteilt. Begnadigung wird ausgeschlossen. Der Verurteilte zeigt keine Reue, sondern beharrt trotzig auf seiner Aussage, dass Duwiesh w'Emwin Tjanad-Rasdenwur Tedánender nicht nur unfähig, sondern auch am Brand des Fjendha-Wandteppichs schuld sei."
Er klappt das Heft zu. "Das war 734. Laut den Angaben hier war er da schon 52 Jahre alt. Die Bergarbeit ohne Ausgang und ohne künstlerische Tätigkeit wird er nicht lange überlebt haben. Was für eine Schande, zumal unter uns gesagt dieser Duwiesh w'Emwin tatsächlich ein ziemlich tauber Kiesel war. Dem ist durchaus zuzutrauen, dass er den Gedenkteppich der Familie in Brand gesteckt hat, die seinen Vorgänger im Amt gestellt hatte."
"Was ist ein Gedenkteppich?" fragst du.
"Naja, in Tjanad ist ja das Zentrum der Teppichweber, wie du vielleicht in deinem Reiseführer gelesen hast. Entsprechend hat sich dort die Sitte eingebürgert, dass die Nonesh-Wejena, aber auch einige der wichtigeren Wejena-Familien, zur Erinnerung an ihre Toten lange Teppichbahnen aufbewahren, in die die Namen und kleine persönliche Attribute oder Porträts eingewebt werden. Die Dinger sind nie fertig, einige davon gibt es schon seit mehr als fünfhundert Jahren, und immer noch wird daran gewebt, wenn jemand aus der Familie stirbt.
Darum haben sie natürlich einen hohen Symbolwert, und wenn sowas mal eben verbrennt, ist das ein unschätzbarer Verlust und erfordert einen Schuldigen, den Duwiesh w'Emwin 732, kurz nach dem Brand, auch gefunden hat. Eine ganze Rasdinen-Familie ist damals ausgelöscht worden, obwohl im Stillen jeder wusste, dass diese Leute nur als Sündenböcke herhalten mussten."
Auf seiner Stirn haben sich tiefe Falten gebildet. Er holt tief Luft und legt langsam das Heft auf den Tisch zu den anderen Schriften. Dann vertreibt er die Stirnrunzeln durch ein freundliches Lächeln.
"Und wohin geht es von hier aus für Euch?" fragt er.
Du schaust kurz auf die nächste Seite. "Nach Ede - Edening", buchstabierst du.
"A'Titaj behel", murmelt Toldshar und macht dabei eine abwehrende Geste mit der Hand, "Was wollt Ihr bei den Ruinen? Nichts als traurige Vergangenheit."
"Was heißt 'A'Titaj behel'?" willst du wissen.
"Ach, das ist nur ein Sprichwort, nichts Besonderes", sagt er, schaut dich dabei aber nicht an, "Bedeutet soviel wie 'Fürchte den König'. Das sagt man eben so."
Er sieht aus, als habe er unterschwellig Angst, und du fragst lieber nicht noch, welcher König damit gemeint ist, denn es ist offensichtlich, dass es eine Art Aberglauben ist, der ihn so beunruhigt, und du möchtest seine religiösen Gefühle nicht verletzen.
"So", sagt er nach einem Moment des Schweigens, "Ich muss dann mal wieder an meine Arbeit gehen, ich möchte nachher noch an meine Töpferscheibe. Was habt Ihr nun vor?"
"Weiterlesen", sagst du, "Danke für alles!" Du lächelst Toldshar zum Abschied zu und schlägst die Seite über Edening auf.
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