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elar ist die Königsmine. Fast 50.000 und damit mehr als 60% aller Nasdewína leben in den 11 verzweigten Abteilungen der ältesten Mine. Letztendlich handelt es sich aber genau genommen eher um so etwas wie einen Städtebund, denn die einzelnen Abteilungen, die außer Jeshad, der "Mitte", einfach auf Nasdewíntal durchgezählt wurden, so dass die Benennungen das Alter des jeweiligen Stollens widerspiegeln, sind weitgehend eigenständig.
Eine alte, sehr ungenaue Karte, nur zur ungefähren Orientierung
Die meisten Rasdinena kommen nie weit über ihren Stollen hinaus - womit nicht gemeint ist, dass sie nicht nach draußen kämen, nur hat ein Rasdinen aus Noj meist keinen Grund, nach Gal zu gehen. Was jedem Nasdewín bekannt ist, ist der Boden von Jeshad und die Stollen Tah (allerdings nur der vordere Teil) und Fio. Denn nur durch diese gelangt man in den berühmten Garten von Belar, den jeder Nasdewín einmal im Jahr besucht. Fio ist der Stollen der Gärtner, von vielen beneidet, obwohl sie eine kaum weniger schwere Arbeit tun als die Bergleute in Hom, Sej, We, Gal und dem Ausläufer von Tah, der wohl in nicht allzu ferner Zukunft auch offiziell als Galdo anerkannt werden wird. Nur an diesen fünf Stellen sind noch Lagerstätten, alle anderen Stollen sind erschöpft und dienen als reine Wohnstollen.
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Du schaust den Nasdewín an. Er betrachtet die Abbildung der alten Karte. "Interessant", murmelt er, "Und eindeutig eine nasdewínische Arbeit. Wer hat die Illustrationen angefertigt?"
Du blätterst zur Einleitung zurück. "Ein, äh - Anhidaf Dun von Tjanad-Wiralís, steht hier."
Toldshar kratzt sich am Kinn. "Irgendwo habe ich da so ein kleines Buch..." Er unterbricht sich und schaut dir direkt in die Augen. Dann nickt er und sagt: "Kommt mit, ich zeige Euch die Bibliothek."
Mit raschen, energischen Schritten verlässt er die Nische und betritt die Weite der Hallenmitte. Du folgst ihm etwas ängstlich, duckst dich instinktiv, als ob du dann weniger auffallen würdest. Niemand starrt dich direkt an, aber du spürst trotzdem, dass dich alle beobachten, und du fühlst dich ziemlich ausgeliefert.
Erst als etwas Buntes aus den Augenwinkeln deine Aufmerksamkeit auf sich zieht, vergisst du die misstrauischen Blicke. Ihr habt nun einen Bereich von Jeshad - denn dass du dich im Herrscherstollen befindest, ist dir schon eine Weile klar - erreicht, der sich von dem bisher gesehen deutlich unterscheidet.
Der Grundriss des Stollens scheint hier zu einem großen, gleichmäßigen Oval erweitert worden zu sein. Auch hier befinden sich Treppen und Galerien, am Boden aber sind keine Gebäude. Dafür scheint dieser aus einem einzigen, fugenlos eingepassten, leicht milchigen Spiegel zu bestehen, der die bunte Malerei an Wänden und Decke schemenhaft wiedergibt.
Du hebst den Blick und bleibst überwältigt mitten im Raum stehen. Bis zur kuppelförmig ausgestalteten Decke hinauf ist jedes Fleckchen dieses Raumes bemalt. Dabei gibt es kaum Ornamentik oder reine Dekoration, sondern nur szenische Motive. Nasdewína, Tiere, Pflanzen, Berglandschaft - alles vermischt sich in unterschiedlichsten Perspektiven und Größenverhältnissen und bildet doch eine Einheit. Obwohl die Menge des Dargestellten so groß ist, fühlst du dich beim Betrachten doch nicht erschlagen, schon weil die Farben zwar bunt, aber eher gedämpft sind.
Etwas zupft dich am Ärmel. Du ziehst deine Augen widerstrebend von den Wandbildern ab und schaust herab. Toldshar steht neben dir und grinst. "Na?" sagt er nur, dann fordert er dich mit einem Wink auf, ihm zu folgen.
Ihr steigt eine der zarten steinernen Treppen hinauf und betretet die erste Galerie, von der aus du noch einmal dem Farbenspiel der Kuppelgemälde im milchigen Bodenspiegel zusehen kannst.
Dann führt Toldshar dich durch eine für dich viel zu niedrige Tür in einen nach der riesigen Halle klein wirkenden Raum. Er ist höchstens drei Meter hoch, sehr langgestreckt und wiederum oval. An den Wänden entlang ziehen sich schmiedeeiserne Regale, die vollgestellt sind mit tausenden und abertausenden von Büchern, Papieren, Schriftrollen und Kisten.
"Mein Reich", sagt Toldshar mit einer weiten Geste seiner Arme, "Die Bibliothek von Belar." Er sieht dich an, und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus: "Viel Ehre, mehr Ärger und noch mehr Arbeit. Aber ich mag meinen Platz."
Dann dreht er sich um, geht an den Regalen entlang und zieht im Vorbeigehen einige Schriften heraus. Jetzt erst siehst du, dass sich in regelmäßigen Abständen zwischen den Regalen schwere Vorhänge befinden. Einer davon ist beiseitegezogen, und du siehst, dass sich dahinter ein weiterer Raum voller Regale öffnet. In der Mitte jedes Raumes stehen niedrige Tische, um die dicke Kissen herumliegen.
Jetzt dreht sich Toldshar zu dir um und winkt dich heran.
"Hier findest du Wissen, das nirgendwo sonst in Noila bewahrt wurde", sagt er, "Schau dich in aller Ruhe um, wenn du möchtest, ich suche derweil nach dem Bericht, in dem dieser Anhidaf Dun erwähnt war."
Du wanderst eine Weile zwischen den Regalen herum, ziehst auch ein oder zwei Bücher und Schriftrollen heraus, aber du merkst bald, dass dir für das Verständnis der meisten davon das grundlegende Wissen fehlt, vor allem über die Nasdewína. Also setzt du dich auf die Kissen an einen der Tische, ziehst den Reiseführer heraus und blätterst bis zur nächsten ungelesenen Seite vor.
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