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Wjasun - das Alles
Ein Schöpfungsmythos

 

 

A

m Anfang aller Zeiten war Er, den wir nun den Schöpfer nennen, und nichts sonst. Er war und Er liebte, denn Liebe ist der Schöpfer, und der Schöpfer ist Liebe. Und aus Liebe schuf er das Alles, damit es gut sei und er es lieben könne.
Er trennte das Alles aus dem Nichts heraus, und er ist der Einzige, der solches kann, und er tat es voller Freude.
Er liebte das Wasser, und es war.
Er liebte die Erde, und sie war.
Er liebte das Feuer, und es war.
Er liebte den Stein, und er war.

Und das Wasser toste, und die Erde bebte, und das Feuer brannte, und der Stein schmolz und verfestigte sich, bis am Ende die Ruhe kam - und Aufruhr und Ruhe waren beide aus Seiner Liebe. Aufruhr und Ruhe waren die rechte und die linke Hand des Schöpfers, und mit beiden schuf er das Alles.
Und als Wasser und Erde und Feuer und Stein ruhig geworden waren, da schuf der Schöpfer die Luft, damit sie wehe und die Dinge niemals ganz zur Ruhe kämen, denn er wollte, dass seine Liebe ganz im Alles sei.

Und schließlich schuf er mit seinen Augen, mit denen er voller Liebe auf das Geschaffene hinabsah, das Leben - denn die Augen des Schöpfers sind das Leben, und sie leuchteten auf das Alles hinab und schufen das Lebende. Und das Lebende begann zu wachsen und groß zu werden und unterschiedlich, und der Schöpfer liebte es, und das Lebende begann, ihn zu lieben und klug zu werden. Glücklich war die Zeit, in der das Leben im Alles jung war, denn das Böse war noch fern.

Doch die Zeit wuchs, und mit der Zeit wuchs der Hass, denn weil das Alles vom Nichts kam, war mit ihm auch das verbunden, was jenseits des Nichts war. Nicht war der Hass im Alles am Anfang, doch wie das Junge nicht ohne das Alte und das Leben nicht ohne das Sterben ist, so ist das Gute nicht ohne das Böse und das Licht nicht ohne die Dunkelheit und die Liebe nicht ohne den Hass.
Und er, der von der anderen Seite des Nichts kam, wuchs und zerstörte die Fülle der Liebe im Lebenden, und manche vergaßen den Schöpfer, und er verwirrte die Herzen und brachte sie dazu, sich selbst mehr zu lieben als den, der war, bevor das Alles war. Und Angst entstand, und die Lebenden begannen, sich vor dem Schöpfer zu fürchten, der doch Liebe war. Und der Zerstörer lachte und lachte.
Dann begannen die Lebenden, selbst zu zerstören. Sie zerstörten Pflanzen, sie zerstörten Tiere, und schließlich zerstörten sie sich gegenseitig. Und das Lachen des Zerstörers hallt auch jetzt noch durch das Alles.


Dieser alte Text ist ein lange verschollenes Schriftstück, das erst im Jahre 676 in einer nie genutzten Ausgabe von "Zahlen und ihr Nutzen" in der Bibliothek von Belar wiedergefunden wurde.

 

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